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Lifestyle Hundemode

Ist das noch Tierliebe – oder Geschmacklosigkeit?

Der Markt für Hundemode und -accessoires wächst ständig: Von Motto-T-Shirts über Jeans und Lederjacken bis zu Pelzmänteln ist in Tier-Boutiquen mittlerweile alles zu haben. Manches davon mag sinnvoll erscheinen, vieles reichlich bizarr. Die Vierbeiner selbst fragt ja keiner, wie ihnen gefällt, was sie da tragen.

Die glamourösen Schoßhunde von Paris Hilton, Jessica Simpson und Nicole Richie machen es nun schon seit Längerem vor: Wie ihre berühmten Frauchen tragen sie die neuesten Modetrends und Accessoires, allerdings für Vier-, statt für Zweibeiner. Das wiederum löste einen Trend aus, der zur Massenbewegung geworden ist: Wer seinen Hund (möglichst im Miniformat für die Handtasche) liebt, zeigt das durch die entsprechende Garderobe. Das Angebot an Hundemode und -zubehör ist deshalb mittlerweile riesig – im Augenblick stocken die Händler ihr Sortiment um Weihnachtsmann-Kostüme und festliche Hunde-Roben für die kommenden Feiertage und Silvester auf.

So können Hund und Frauchen – für die meisten Männer sind Schoßhündchen nach wie vor tabu – im Partnerlook zur Party erscheinen. Hundeboutiquen führen deshalb inzwischen neben bunten Halstüchern im Design von Frauchens Schal auch Jeans, Kapuzenshirts, Jogginganzüge und Kleider, die sich durchaus an aktuellen Laufsteglooks orientieren. "Bei uns gibt es zwei Kollektionen pro Jahr, eine für das Frühjahr und eine für den Winter", sagt Martina Borchmann, die im badischen Rastatt gemeinsam mit ihrem Mann den Großhandel Doggydolly betreibt. Der Online-Shop bietet für modebewusste Hundefreunde vom gestreiften Sommerkleid über rüschenbesetzte Abendkleider, Holzfällerhemden und Fliegerjacken aus Kunstleder alles, was das Herz des Hundeliebhabers mit modischen Ambitionen begehrt. Überwiegend allerdings in kleinen Größen; "echte" Hunde – und da geht es ihnen wie den Menschen – müssen mit dem begrenzten Übergrößen-Sortiment vorlieb nehmen.

Für die kühlen Wintermonate hat Doggydolly Mäntel aus Pelzimitat in Leoparden-Optik im Programm, die dem Erscheinungsbild des Vierbeiners einen Hauch von Exklusivität verleihen sollen. Recht gewagt wirkt auch der Einteiler aus einem pinkfarbenen Rollkragen-Oberteil und einem gerüschten Leopardenrock. Ein weiterer Hingucker für exzentrisch veranlagte Hunde ist ein goldfarbener Mantel aus Lederimitat mit Innenfutter und Kragen aus Kunstpelz.

Das Design ist an Hunden getestet

Wer sich so was ausdenkt? Bei Doggydolly ist es eine thailändische Designerin namens Narisara, die von einer eigenen Hundeboutique träumte und deshalb Hundemode zu entwerfen begann. Heute finden ihre an aktuellen "menschlichen" Modetrends orientierten Entwürfe besonders in Japan und den USA reißenden Absatz. Aber auch in Europa laufe der Verkauf fantastisch, sagt Martina Borchmann. Seit anderthalb Jahren importiert sie die Marke nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz. "Unsere Sachen sind anders als die rein funktionale Hundebekleidung von früher", sagt Borchmann. "Keine billige China-Ware, hochwertige Materialien, waschbar und an Hunden auf ihre Bequemlichkeit getestet."

Der Deutsche Tierschutzbund lehnt Angebote wie das von Doggydolly und anderen Herstellern dennoch ab. Als "Vermenschlichung der Zweibeiner, die nicht im Sinne des Tierwohls ist", bezeichnet Sprecher Steffen Beyus Menschen, die Tiere nach ihrem Abbild einkleiden. Klingt einleuchtend. Schließlich hat die Natur die allermeisten Hunde mit Eigenschaften ausgestattet, die ihnen ein Überleben ohne Kunstfellmäntel, Fleecepantoffeln und Baggy-Pants erlauben. Und beneiden wir Menschen die Tiere nicht unter anderem gerade darum, dass sie sich um Phänomene wie Mode und Trends nicht kümmern müssen?

Martina Borchmann sieht das anders: Hunde seien heutzutage durch menschlichen Einfluss schon so sehr verändert, dass nichts Falsches daran sein könne, auf ihre dementsprechend veränderten Bedürfnisse einzugehen. "Auch Hunde sind heutzutage Moden unterworfen, sie werden immer kleiner gezüchtet, dienen vielen Menschen als Partnerersatz oder Kommunikationsmittel. Dadurch haben sie andere Lebensbedingungen als früher und sind weniger widerstandsfähig." Borchmanns eigene – betagte – Hündinnen tragen deshalb im Sommer T-Shirts und im Winter einen Mantel über dem mit dem Alter lichter gewordenen Fell. "Das schützt sie vor Sonnenbrand und Kälte", sagt die Hundeliebhaberin. Socken sollen im Winter ebenfalls für warme Pfoten sorgen; sie können außerdem verhindern, dass Hunde sich durch aggressives Streusalz auf den Straßen verletzen. Borchmann gibt aber auch zu, dass es Menschen die ihren Hunden Socken anziehen, um das Laminat ihrer Wohnung vor Kratzspuren bewahren.

Nutzlos, teuer, glitzert aber

Zu den vollkommen nutzlosen Hundemode-Trends müssen dagegen mit Strass und Glitzerkristallen verzierte Accessoires gezählt werden. Trotzdem findet man sie dieser Tage überall. "Die glitzernden Steinchen schmücken im Moment sehr viele Artikel", sagt Kristin Andritschke, Geschäftsführerin der Hamburger Boutique "V.I.Pets" . Man findet sie auf T-Shirt-Schriftzügen, auf Hundeleinen oder Halsbändern – wie etwa auf den rund 200 Euro teuren Exemplaren der Marke "Hunter Black Label".

Damit der eigene Hund nicht mit der strassverzierten Masse laufen muss, lassen sich die Halsbänder nach Wunsch individualisieren. "Auch das Leder und die kleinen zusätzlichen Verzierungen vom Berliner Bären bis zum Krönchen sind auswählbar", sagt Karina Moncada, Inhaberin der Hundemodenboutique "Society Dog" in Berlin . Für Hunde, die nicht an einer schnöden Lederleine ausgeführt werden wollen, hat Karina Moncada eine Flexi-Rolleine im Angebot, die mit 500 Swarovski-Kristallen besetzt ist. Für das Mehr an Glitzer ist allerdings auch mehr Kleingeld erforderlich: Rund 250 Euro kostet das funkelnde Stück.

Und will der Hund einmal nicht (oder überhaupt nicht mehr) laufen, gibt es inzwischen eine Fülle von Designer-Tragetaschen für den komfortablen Transport des vierbeinigen Freundes. Etwa von Christian Audigier, der die fragwürdigen, aber sehr begehrten T-Shirts des Modelabels "Ed Hardy" gestaltet. "Die Taschen haben ein eigenes Logo, sind elegant und für Hunde mit einem Gewicht von bis zu sechs Kilo geeignet", sagt "Society Dog"-Inhaberin Moncada. Mit einem Preis von rund 500 Euro auch kein unbedingt günstiges Weihnachtspräsent.

Wobei Preise, diese Erfahrung hat Hunde-Expertin Martina Borchmann gemacht, im Zusammenhang mit dem geliebten Vierbeiner wohl nebensächlich sind. "Unsere Kunden schauen nicht aufs Geld, sie wollen Qualität, nicht mehr die Durchschnittsware von früher", sagt Borchmann. "Im Gegensatz zu Kindern werden Hunde für viele Menschen immer wichtiger, sie sind oftmals der Mittelpunkt ihres Lebens." Von der Finanzkrise spüre sie daher nichts, im Gegenteil: "Unser Geschäft boomt."

dpa

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